Neue gTLD der ersten Runde 2012 als Blumenstrauß

Neue gTLDs ab 2026 – ICANN läutet die nächste Bewerbungsrunde ein

Nach dem ersten Bewerbungslauf 2012 mit über 1.200 neuen TLDs steht nun die zweite Runde der Erweiterung des Internet Domain Name Systems durch die Einführung neuer Top-Level-Domains ins Haus. Ursprünglich viel früher für 2015/2016 vorgesehen, wurde der Zeitplan aufgrund der Komplexität des Verfahrens, zahlreicher Rechtsstreitigkeiten (darunter um die TLDs .amazon und .web) sowie intensiver politischer und technischer Diskussionen innerhalb der ICANN-Gremien mehrfach verschoben. Erst 2023 erfoglte ein verbindlicher Fahrplan. Nun wird Ende Mai die Veröffentlichung eines Entwurfs des Bewerberhandbuch (Applicant Guidebook) erwartet – ein erster wichtiger Schritt in Vorbereitung des für April 2026 geplanten Starts der Bewerbungsphase.

Was ändert sich für neue gTLD-Bewerbungen?

Der langen Verzögerung der neuen Bewerbungsphase sind durchaus positive Effekte zuzuschreiben. Denn so ließen sich viele Schwächen der ersten Runde identifizieren und adressieren. Für Bewerber erhöht das deutlich die Erfolgschancen und Planbarkeit. So wurden die Regeln für neue Domain-Endungen in der zweiten gTLD-Runde zwar geschärft, aber nicht verschärft. Für Bewerber bedeutet das:

  • klare Rahmenbedingungen für die Auswahl neuer Domainendungen
  • höhere Rechtssicherheit
  • geringeres Risiko für Ablehnung oder Einsprüche

Zwei Neuerungen verdienen besondere Erwähnungen, da die ICANN mit diesen ICANN darauf abzielt, den Zugang für alle Marktteilnehmer zu erhöhen, während technische und administrative Barrieren und Risiken minimiert werden sollen.

Applicant Support Program (ASP)

Das Applicant Support Program (ASP) richtet sich an Organisationen mit begrenzten finanziellen oder strukturellen Ressourcen – insbesondere aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Ziel des Programms ist es, den Zugang zum gTLD-Programm zu erleichtern und so Chancengleichheit im globalen Domainraum zu fördern sowie einen breiten Zugang zu Internetinfrastruktur zu ermöglichen.

Bewerber, die bestimmte Kriterien erfüllen, können eine erhebliche Reduzierung der ICANN-Bewerbungsgebühr erhalten. Darüber hinaus umfasst das Programm mentorbasierte Unterstützung, Hilfe bei der Antragstellung und Sprachmittlung, falls nötig. Zu den Bewertungskriterien gehören hier unter anderem der finanzielle Bedarf, die gesellschaftliche Relevanz des TLD-Projekts sowie der potenzielle positive Einfluss auf unterversorgte Gruppen oder Regionen.

Die Bewerbungsphase für das ASP läuft bereits und endet am 19. November 2025 – parallel zur Vorbereitung auf die eigentliche TLD-Bewerbung.

Registry Service Provider Pre-Evaluation Program

Die Registry Service Provider Pre-Evaluation ist ein technischer Vorab-Prüfprozess, bei dem ICANN – bzw. ein von ICANN beauftragtes Evaluierungsteam – externe Dienstleister daraufhin prüft, ob sie in der Lage sind, eine Top-Level-Domain (TLD) technisch sicher und stabil zu betreiben.

Geprüft werden unter anderem DNS-Betrieb, Sicherheitsmaßnahmen wie DNSSEC, WHOIS/RDAP-Services, Verfügbarkeitskonzepte und Schnittstellen zur ICANN-Infrastruktur. Der große Vorteil: Bewerber für neue gTLDs, die einen bereits erfolgreich evaluierten RSP einsetzen, müssen im eigenen Antrag keinen vollständigen technischen Nachweis mehr erbringen. Dadurch sinken Aufwand, Komplexität und Risiko im Bewerbungsprozess erheblich.

Die Einreichungsfrist für Registry Service Provider (RSPs) zur Teilnahme an diesem Verfahren endet am 20. Mai 2025. Eine öffentliche Liste der zugelassenen Anbieter veröffentlicht die ICANN vor dem offiziellen Beginn der Bewerbungsphase.

Zeitplan für die Bewerbung für neue gTLDs

Quelle: ICANN (Angaben beruhen auf aktuell geschätzte Daten, Änderungen vorbehalten)

Voraussetzungen für die Bewerbung einer eigenen gTLD

Für die Beantragung einer eigenen Domain-Endung setzt ICANN auf ein transparentes Prüfverfahren. Hier die wichtigsten Anforderungen im Überblick:

  • rechtliche Struktur – Nur juristische Personen (Unternehmen, Stiftungen, öffentliche Einrichtungen) dürfen sich bewerben.
  • technische Infrastruktur – Die Bewerber müssen den sicheren Betrieb der TLD garantieren – entweder mit einem eigenen Registry-System oder durch Partnerschaft mit einem zertifizierten Registry Service Provider.
  • finanzielle Stabilität – ICANN verlangt einen Nachweis über die langfristige Tragfähigkeit – inklusive Reserven für Störfälle und Notfallmanagement.
  • rechtliche Legitimation – .brand-TLDs können nur vom Inhaber der entsprechenden Markenrechte registriert werden. Für Geo-TLDs ist die Zustimmung durch die zuständige Gebietskörperschaft erforderlich.

Bewerbungsprozess bei ICANN – Schritt für Schritt

1. Strategieentwicklung

  • Definition von Zielgruppe, Zweck und langfristige Ausrichtung der TLD
  • Prüfung von Markenschutz, Machbarkeit und Abgrenzung zu bestehenden Endungen

2. Koordination von Partnerschaft und Unterlagen

    • Abstimmung der technischen Umsetzung mit einem Registry-Partner
    • detaillierte Bewerbung inklusive technischer, finanzieller und rechtlicher Nachweise

    3. Einreichen der Bewerbung (voraussichtlich April 2026)

    • Online über das ICANN-Bewerberportal innerhalb der Bewerbungsphase (12-15 Wochen)
    • Bearbeitungsdauer: mehrere Monate, ggf. Einwände möglich

    4. Vertragsabschluss mit ICANN

    • Unterzeichnung des Registry Agreements
    • Einrichtung der TLD in der DNS-Root-Zone

    5. Go-Live und Betrieb

    • Inbetriebnahme der neuen Domain-Endung
    • interne oder externe Vergabe von Domains unter der neuen TLD

    Was ist bei der Wahl einer neuen TLD erlaubt?

    Nicht jede beliebige Zeichenfolge darf als neue Domain-Endung beantragt werden – ICANN hat klare technische, sprachliche und rechtliche Vorgaben formuliert, die in der zweiten gTLD-Runde nochmals präzisiert wurden. Für Interessenten bedeutet das: mehr Sicherheit, Kontrolle und klare Spielregeln bei der Auswahl der Wunsch-TLD.

    Zulässige Zeichen & Schriftarten

    • ASCII-Zeichen (a–z, 0–9, -) bleiben Standard für klassische gTLDs.
    • Zusätzlich sind internationalisierte Domainnamen, sogenannte Internationalized Domain Names (IDNs), erlaubt – also TLDs in nicht-lateinischen Schriften wie Arabisch, Kyrillisch oder Chinesisch (z. B. .онлайн, .中国). Die Prüfverfahren für IDN-TLDs wurden dabei – insbesondere im Hinblick auf visuelle Ähnlichkeit (z. B. kyrillisches а vs. lateinisches a) verbessert, um Missbrauch zu vermeiden.
    • Sonderzeichen wie Umlaute, Emojis oder Leerzeichen sind in klassischen ASCII-TLDs weiterhin nicht erlaubt.
    • In IDN-TLDs hingegen sind sprachspezifische Umlaute und Zeichen (z. B. Deutsch: ä, ö, ü, ß → .münchen; Französisch: é, è, ê, ç → .français; Spanisch: ñ, á → .niño) zulässig.

    Längenbegrenzungen und Format

    • Eine TLD darf zwischen 3 und 63 Zeichen lang sein.
    • Zwei-Zeichen-Endungen sind exklusiv für Länderkennungen (ccTLDs) reserviert.
    • Zahlenkombinationen sind in der Regel nicht zulässig.
    • Hyphens (-) dürfen nicht am Anfang oder Ende der Zeichenfolge stehen.

    Gesperrte oder risikobehaftete TLD-Strings

    Folgende Strings oder Kategorien sind in der Bewerbung nicht zulässig oder erfordern besondere Prüfungen:

    • Bezeichnungen mit hoher Missbrauchsgefahr: z. B. .bank, .health, .hospital
    • technisch reservierte Strings wie .example, .localhost, .test, .invalid
    • geografische Bezeichnungen (Städte, Regionen, Länder), wenn keine offizielle Zustimmung der jeweiligen Verwaltung vorliegt
    • Zeichenfolgen, die zu Verwechslung mit bestehenden TLDs führen könnten (z. B. .com vs. .c0m, .rn vs. .m)

    Eine vollständige Liste der reservierten oder problematischen Begriffe findest Du im Anhang des Applicant Guidebooks aufgeführt, sobald dieses verfügbar ist. Ein für Kommentare zugänglicher Entwurf ist für Ende Mai 2025 erwartet, die endgültige Fassung wird dann laut ICANN bis Dezember 2025 fertiggestellt.

    Fokus auf Internationalisierung (IDNs)

    ICANN fördert aktiv die Einführung sprachlich vielfältiger Domain-Endungen analog erfolgreicher Einführungen der letzten Runde im Jahr 2012: .موقع (Arabisch für „Website“) oder .みんな (Japanisch für „alle“).

    • Bewerbungen in nicht-lateinischen Schriftzeichen sind ausdrücklich erwünscht.
    • Zu Transkription, visuellen Ähnlichkeiten und weiteren Regulierungen gelten spezifische Regeln auf Länderebene.

    Chance für Marken, Regionen und Organisationen

    Für Marken, Regionen und Organisationen bietet die Einführung einer eigenen Top-Level-Domain weit mehr als nur ein technisches Projekt – sie eröffnet neue Möglichkeiten im Rahmen der digitalen Strategie. Eine individuell gestaltete TLD stärkt die Markenidentität, schafft Vertrauen durch klare Herkunftskennzeichnung und ermöglicht eine vollständig kontrollierte Domainumgebung – ohne Dritte, jedoch nicht ohne erhebliche finanzielle Anforderungen. Wer die Chance in der zweiten gTLD-Runde nutzt, positioniert sich frühzeitig als digitaler Vorreiter – mit nachhaltigem Einfluss auf Markenführung, Kommunikation und Sicherheit.

    Du willst mehr zum Thema eigene TLDs wissen? Dann wirf einen Blick in unseren aktuellen Beitrag zum Thema Brand TLDs und erfahre, welche spezielle Anforderungen diese TLD-Kategorie stellt.

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